Anfang 2017 begab ich mich als Spät-/Wiedereinsteigerin auf die Suche nach dem ersten eigenen Pferd.
Aus der Suche nach dem Traumpferd wurde aber die Suche danach, wie ich zum Traummenschen für mein Traumpferd werden kann.
Als ich mit meiner Einkaufsliste (Isländerwallach, 8 bis 12 Jahre, Viergänger, geländersicher, gerne flott) bei Sky’s Züchterin in Amönau anreiste, war es nicht nur objektiv ein Volltreffer. Ich war verliebt, Ský war alles, was ich mir erträumt hatte und mehr.
Er war zu dem Zeitpunkt 10 Jahre alt, wurde spät eingeritten, war sensibel, menschenbezogen, in dem Moment nicht voll im Training, weswegen wir uns mit dem Tölt recht schwer taten.
Im Mai 2017 zog Ský zu mir und war von Anfang an sehr bemüht, alles perfekt zu machen. Brav im Gelände, immer motiviert, immer höflich; lieber zurückhalten, als anecken. Er machte alles zu meiner hundertprozentigen Zufriedenheit mit – Bodenarbeit, Ausreiten, Gangpferdeunterricht, Kurse in Akademischer Reitkunst.
Langsam, aber sicher zog sich jedoch der blaue Himmel über unserem Traum zu. Beim Satteln ging Sky immer öfter einen Schritt zur Seite, wollte ich aufsteigen, drehte er sich weg. Bei der Bodenarbeit machte er brav mit, aber die Leichtigkeit fehlte.
Beim Reiten war er zwar fleißig, konzentriert und bemüht, aber seine Augen sprachen Bände. Schwarze Wolken hingen in seinem doch eigentlich so offenen, freundlichen Gesicht.
Und ich hätte einfach so weitermachen können, ihn “dazu erziehen”, dass er stehen bleibt beim Satteln und Aufsteigen. Mehr treiben, um das Gefühl von Leichtigkeit künstlich herzustellen. Über seine traurige Mimik hinwegreiten. Ich hätte auf den traditionellen Rat hören können, dass ich doch nur das Leittier sein müsste und wenn dann die Rangfolge geklärt wäre, würde alles gut werden.
Aber nachdem Ský im Februar 2018 (in unserer letzten Reitstunde) anfing beim (perfekt ausgeführten) Kruppeherein mit den Zähnen zu klappern, wusste ich, es muss sich etwas ändern.
Da hatte ich mein Traumpferd gefunden, aber es versteckte sich hinter diesen dunklen Wolken, war gar nicht wirklich er selbst. Wer war Ský eigentlich?
Klar, er war immernoch mein Traumpferd, aber war ich sein Traummensch?
Dank Instagram habe ich Intrinzen gefunden und hatte mich bereits Ende 2017 in den Online-Kurs “Project Proprius” eingeschrieben.
Die ersten Fragen, die Kathy Sierra im Kurs stellt, sind – Wer will unser Pferd sein? Was will unser Pferd sein?
Also nahm ich mich und mein Ego ganz weit zurück und gab Ský damit den Raum, er selbst sein zu dürfen. Was wollte er eigentlich?
Druck und Kritik hatten sein Selbstbewusstsein erstickt. Ganz deutlich sagte er mir, dass er nicht geritten werden will. Also kam der Sattel in den Schrank.
Eines der ersten Dinge, die Sky sein wollte, war “frei”. Frei von Druck, frei von meinen Erwartungen, frei von Müssen und Sollen. Also stand er erstmal an der Heuraufe und sagte laut und deutlich “Nein”, als ich fragte, ob er mit mir etwas machen wollte. Ein harter Schlag. Das immer motivierte, immer brave Pferd will nichts mit mir machen, wenn er ehrlich sein darf.
Das traf mich erstmal und gab mir aber viel Zeit zu reflektieren, zu lesen und zu recherchieren. Da stand ich nun an der Heuraufe, hörte meinem Pferd beim Mümmeln zu und fragte mich, ob er denn jemals wieder etwas mit mir machen wollte.
Gymnastikmatte, Poolnudel, Targetstick, Clicker und Leckerli konnten dann doch seine Neugierde wecken.
Dank Intrinzen Posture Übungen (aka Crunches), Pantherwalk (ähnlich dem Spanischen Schritt) und Chase-the-Bag hatte Ský die Möglichkeit, sich selbst zu finden, sein Selbstbewusstsein zurückzugewinnen und er hatte wieder Spass an der Arbeit mit mir.
Der Himmel klarte langsam wieder auf.
Er durfte selbst bestimmen, was er wann, wie oft und wie lange machen wollte, durfte Übungen verweigern, probierte sich und seinen Körper aus, brachte seine eigenen Ideen ein, erfand seine eigenen Übungen. Und nachdem er sich sicher war, dass er seine Meinung äußern durfte ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen, blühte er regelrecht auf.
Der Trab eines Dressurpferdes, der Bergauf-Galopp eines Bären, die Körperhaltung eines Kriegers, die Leichtigkeit eines Tänzers und die Motivation eines Athleten. Sogar den lange verschwundenen Tölt hat er wieder gefunden.
Ský ist der Held seiner eigenen Geschichte geworden, ich stehe nur daneben und feuere ihn dabei an, bin der Robin für Batman, der Sam für Frodo, die Hermine für Harry.
Der Dank? Ein Pferd, das jeden Tag zu jeder Uhrzeit mit
freundlichen Augen, voller Kraft und übersprudelnder Motivation über den
Reitplatz oder durch das Gelände tanzt. Ein Pferd, das von sich aus
“Ja” zum Reiten sagt, sich freut, wenn ich den Sattel raushole. Ein
Pferd, das jederzeit “Nein” sagen dürfte, aber alle Herausforderungen
annimmt und meistert, stets “Ja” sagt und jedem zeigen will, wie stark
und stolz er ist. Selbstbewusst, mutig und in sich ruhend – ein
friedvoller Krieger.
Keine schwarzen Wolken mehr, strahlend blauer Himmel.
Inzwischen hat sich unsere Beziehung zu einem Dialog gewandelt. Ský empfängt mich am Tor begleitet mich zur Futterkammer (wir haben einen Offenstall, wo alle Bereiche zugänglich sind), fragt “kannst du mich da kurz kraulen?”, dann “können wir auf den Reitplatz gehen?”. Er zeigt mir Bewegungen, die sich für ihn gut anfühlen, ich gebe ihm Feedback, was biomechanisch gut ist und wo noch Verbesserungspotenzial ist.
Ich bringe Matten, Dualgassen, Podeste, konfrontiere ihn mit Herausforderungen und warte, was er mit der ihm gestellten Aufgabe macht.
Ich frage “darf ich aufsteigen”, er steht da und wartet bis ich mich rauf geschwungen habe, am liebsten ohne Kopfstück, das engt ihn ein. Er bietet sofort die Intrinzen Posture an, sobald ich mich zurecht gesetzt habe. Zeigt mir, dass sein starker Rücken mein Gewicht ohne Probleme unterstützen kann, stark und stolz. Er geht los, ohne dass ich etwas machen muss, ich clicke, wenn ich merke, dass er sich besonders bemüht, versammelt zu gehen, wenn er Pantherwalk anbietet oder wenn er von sich aus lostöltet.
Wenn wir stehen, frage ich “willst du, dass ich wieder absteige?”. Dazu strecke ich meine Fuss in Richtung seines Kopfes und wenn er den Fuss mit der Nase berührt, steige ich ab – so kann Ský ohne Umschweife kommunizieren, wann genug, genug ist.
Meistens muss ich unsere Einheiten irgendwann beenden, er würde am liebsten weitermachen. Oft höre ich auf, wenn seine Motivation ihren Höhepunkt erreicht hat. Dann starten wir mit genau dieser Motivation in die Einheit am nächsten Tag.
Mit Hilfe der positiven Verstärkung und inspiriert von Intrinzen, dank einer tollen Online-Community und gleichgesinnten Freunden im Stall, hatte ich den Mut und die Kraft neue Wege zu gehen. Befreiende Wege, wenn auch manchmal nicht einfache.
Aber ich hoffe, dass ich mich auf diesen Wegen zum Traummenschen für mein Traumpferd entwickle.
Hier berichtet Karolina von 360gradpferd über ihr intrinzen-inspiriertes Training.
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